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The Whale Filmkritik: Ein filmisches Schwergewicht

Mit „The Whale“ läuft Darren Aronofskys Drama nun auch in den deutschen Kinos. Brendan Fraser bescherte der Film einen Oscar als bester Hauptdarsteller. Dabei herausgekommen ist ein einzigartiges Meisterwerk.

Hierzulande läuft „The Whale“ erst seit wenigen Tagen in den Kinos. Gehört hat man von dem nächsten Werk von Darren Aronofsky aber bereits seit einigen Monaten. Wie häufiger bei kleineren Filmen der Fall, hatten deutsche Zuschauer einmal mehr das Nachsehen beim Kinostart-Termin. Denn in den USA ist der Film schon wieder aus den Kinos, dort lief der Film bereits im Dezember an.

Dass der Film so sehr im Gespräch war und noch immer ist, liegt nicht nur daran, dass Brendan Fraser für seine Hauptrolle den Academy Award als bester Hauptdarsteller gewann. Auch Regisseur Aronofsky setzte die Erwartungshaltung extrem hoch an, schließlich brachte er mit Filmen wie „Black Swan“ oder „Requiem for a Dream“ Filme heraus, die sich schnell zu Klassikern etablierten. Ähnliches erwartete man nun von „The Whale“ und man kann ganz klar sagen: Das ist geglückt.

„The Whale“ erzählt die Geschichte des Online-Dozenten Charlie (Brendan Fraser). Mit seinen 270 Kilogramm an Körpermasse schleppt er sich zwischen Chicken Wings und Peperoni-Pizza durch seinen isolierten Alltag. Regelmäßig kommt seine Freundin und Krankenschwester Liz (Hong Chau) vorbei, die ihm anrät, endlich in ein Krankenhaus zu gehen. Doch Charlie ist nicht versichert, Geld scheint ihm nicht zur Verfügung zu stehen und so steuert er rasant auf sein unausweichliches Ende zu. Um seinen Frieden machen zu können, sucht er den Kontakt zu seiner Tochter (Sadie Sink). Nach einer bewegten Trennung seiner Ex-Frau (Samantha Morton) hatte er Jahre keinen Kontakt mehr zu ihr gehabt. Das Verhältnis ist entsprechend zerrüttet, doch Charlie versucht alles, um seine Teenager-Tochter für sich gewinnen zu können.

Schon die ersten Szenenbilder, die man vorab von „The Whale“ zu sehen bekam, versprachen wortwörtlich gewaltiges. Brendan Fraser, der sonst oft nur für seine kurzweiligen Abenteuerausflüge bekannt war, ist in dem Drama in einen Fatsuit geschnürt, außer seinen verschwommenen Gesichtszügen bleiben keine Anhaltspunkte, die an den Darsteller erinnern.

Eine Jahrzehnte-Performance

Ähnlich wie schon bei Ke Huy Quan in „Everything Everywhere All at Once“ ist „The Whale” für Brendan Fraser ein karriereentscheidendes Comeback. Lange hatte man von dem Action-Star nichts gehört und dann kehrt er in einer Rolle zurück, die man so sicherlich nicht erwartet hätte. Gelungen ist dieses Comeback allemal. Brendan Fraser spielt nicht nur irgendeine Rolle, er lebt sie. In keinem Moment zweifelt man an den Qualen und an der Schwermütigkeit von Charlie. Fraser liefert eine Performance ab, die man so nur alle Jahrzehnte zu Gesicht bekommt.

Die Performance und auch die filmische Inszenierung fesseln in der Handlung des Dramas. Und dass, obwohl die Szenerie so simpel daherkommt. Die gesamte Handlung spielt nur innerhalb der abgedunkelten Wohnung von Charlie. Wir sind gemeinsam mit ihm in diesen paar Quadratmetern gefangen und erleben hautnah mit, wie sich dieser schwergewichtige Mann mit seiner Vergangenheit und auch seinem unausweichlichen Schicksal auseinandersetzt.

Der Titel „The Whale“ spielt übrigens nicht nur auf die Größe von Charlie an, sondern bezieht sich auf den Roman Moby-Dick von Herman Melville. Im Online-Unterricht erzählt Charlie seinen Studierenden immer, wie wichtig es sei, ehrlich seine eigenen Visionen umzusetzen. Immer wieder hören wir außerdem einprägsame Passagen einer Inhaltsanalyse eben jenes Buches. Diese Textzeilen rahmen die Geschichte ein und lassen so ein Gesamtwerk entstehen, das eine immense Sogwirkung hat.

Auch wenn das Thema der Übergewichtigkeit natürlich eine tragende Rolle im Film spielt, verliert man sich nicht alleinig in dem Thema. Anders als beispielsweise in „Requiem for a Dream“ spitzt sich die Situation von Charlie nichts ins Unermessliche zu.

Stattdessen widmet man sich auch ganz anderen Themen, die man elegant in die Geschichte einbindet. Als Charlie etwa zu Beginn des Films einen Herzinfarkt erleidet, taucht an der Tür ein Missionar einer Sekte auf. Er fühlt sich berufen, Charlie irgendwie aus seiner Situation zu helfen und wird so noch mehrfach in der Geschichte auftauchen. Dadurch entspinnt sich eine weitere Handlung, welche in die tragische Vergangenheit von Charlie eintaucht. Während also gleichzeitig so abstoßend und brutal gezeigt wird, was aus dem Dozenten wurde, erfahren wir auch die schwerwiegenden Hintergründe, welche den Hauptcharakter überhaupt erst so nahbar machen.

Fazit

Für Filme wie „The Whale“ existiert das Kino. In Darren Aronofskys Film tauchen wir tief in die Abgründe eines Mannes ein, sowie dessen Sogwirkung und die familiäre Dramatik. Filmisch stark inszeniert, mit ambitionierten Schauspielern besetzt, ergibt sich daraus ein Film, der seines Gleichen sucht. „The Whale“ ist in vielerlei Hinsicht ein äußerst gewichtiger Film geworden.

Nils Zehnder
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