Hollywoods Filme tun gut daran, das Leben eines Polizisten zu romantisieren. Da sehnt man sich selbst schnell nach den kargen Welten, langen Straßen, Junkfood und ein wenig Dorfromantik. „The Little Things“ liefert dazu den Gegenentwurf.
Das Krimi-Genre prägt maßgeblich das Bild des Polizeiapparats. Es wird Einblick in eine uns normalerweise verschlossene Welt gewährt. Spurensicherung, DNA-Tests, Täter geschnappt – Fall geschlossen. In kürzester Zeit lassen sich da die größten Serientäter fassen. Leicht bekömmlich, schnell vergessen. In John Lee Hancocks Film sieht man von all dem nichts.
Deke Deacon ist ein ausgebrannter Cop eines kleinen Countys. Er war mal einer der führenden Top-Ermittler aus LA, doch ein Fall setzte ihm so sehr zu, dass er sich zurückzog. Wegen eines Beweisstücks zieht es ihn dann doch noch mal zurück in die Mega-Metropole. Er trifft auf alte Freunde und innere Dämonen.
Der leitende Detective Jimmy Baxter ist auf den ersten Blick das Gegenteil von Deacon. Er ist jung, aufstrebend und das öffentliche Gesicht des Dezernats. Anfangs stehen sich die beiden noch kritisch gegenüber, doch ein alter Fall führt Deacon zurück in seine Vergangenheit und zeigt die Gemeinsamkeiten des ungleichen Duos bei der unbarmherzigen Aufklärung eines Kriminalfalls.
Es ist eine trostlose Welt, in die uns Hancock zieht. Die Straßen von Los Angeles sind der Schauplatz eines Serienmörders. Fehlende Spuren, die Motive laufen ins Leere. Ein zermürbender Fall, der auch Jungdetective Baxter an seine Grenzen führt.
„The Little Things“ ist ein massiv entschleunigender Thriller. Statt Schnittgewitter verharren wir mit den Polizisten in den Observationen. Jede Minute zehrt an der Geduld, an den Erwartungen, den Fall doch endlich zu lösen. Die Spannung entsteht durch den Aufklärungsdrang, der von Analytik zu immer unsauberem Verhalten führt.
Mit Denzel Washington und Rami Malek auf der Seite des Gesetzes und dem Hauptverdächtigen gespielt von Jared Leto hat „The Little Things“ einen hochkarätigen Cast. An bisherige Bestleistungen knüpft hier jedoch keiner an, meist funktionieren sie eher zweckmäßig. Malek spielt ähnlich wie gewohnt, wobei das verbissene Dreinschauen als kalkulierter Detective gut passt. Denzel Washington fehlt der Zugang, seiner Figur eine wirkliche Aussagekräftigkeit zu verleihen. Ein versuchter Monolog, der uns Einblicke gewähren soll, wirkt so gezweckt und zwischen Tür und Angel, dass man ihn kaum ernst nehmen kann. Letos Antagonist bleibt vage, aber passend zum Film. Durchgeknallt, irrwitzig spielt er ein Spiel mit der Polizei, dessen Motive man hinter seinem suchenden Blick zu erkennen versucht.
Thriller sind zuletzt selten geworden. „The Little Things“ hat die Grundlage, aus der Genre-Klassiker werden. Die Geschichte lässt den Figuren viel Raum, die Darsteller könnten das tragen. Vieles bleibt dabei nur angedeutet, was zwar dem Mysterium zugutekommt und den Frust der Protagonisten widerspiegelt, aber in Teilen auch faules Schreiben ist. Für einen Klassiker fehlte der Mut zu relevanten Dialogen, statt nur Eindrücke zu zeigen. Es bleibt ein Neo-Noir-Thriller, der im Großen und Ganzen ein spannendes Konzept liefert, jedoch zu wenig Wert auf die kleinen Dinge legt.