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Lilly auf einen Stuhl gefesselt, blutet aus der Nase. Neben ihr Jack Delroy und Dr. June Ross-Mitchell

Late Night with the Devil Kritik: Teufelsbeschwörung für die Quote

Was ist, wenn sich der Teufel mitten in der Liveschalte einer Fernsehsendung offenbart? Dieser Frage geht „Late Night with the Devil“ auf den Grund und liefert ein einzigartiges Horror-Spektakel. 

Teufelsfiguren dienen schon seit jeher als Projektionsflächen des Bösen im Menschen. Im Film, da lässt man den Teufel eher selten Gestalt annehmen, sondern den Besitz eines Menschen übernehmen. Gezeigt haben uns das etliche Filme, allen voran William Friedkins „Der Exorzist“.

Was all jene Filme aber gemeinsam haben, ist, dass sie in ihrer Realität die Wahrhaftigkeit des Teufels nicht hinterfragen. Meist wird da mit einer Ernsthaftigkeit ans Thema herangegangen, dass man sich gerne an die Grenzen des Lächerlichen begibt. „Late Night With The Devil“ entgeht diesem Dilemma zumindest in Teilen mit einem gewissen Twist.

Platz 1 um jeden Preis

Jack Delroy (David Dastmalchian) ist der Host seiner Late-Night-Talkshow „Night Owls“. Nach Johnny Carson ist er die Nummer 2 der Spätabendunterhaltung. Es läuft gut, könnte man meinen, doch Delroy will um jeden Preis auf Platz 1. Doch die überraschende Krebserkrankung seiner Frau (Georgina Haig) wirft ihn zurück und auch eine Ausschlachtung dessen mit einem emotionalen TV-Auftritt hilft seinen Quoten nicht weiter.

Der Moderator gibt sich vorerst geschlagen, kehrt dann aber gestärkt für einen erneuten Angriff zurück. Mit einem TV-Special am 31. Oktober 1977 will er es allen beweisen. Zu Halloween hat er drei einzigartige Gäste eingeladen. Den Mentalisten Christou (Fassal Bazzi), den skeptischen Show-Magier Carmichael (Ian Bliss) und das Show-Highlight: Dr. June Ross-Mitchell (Laura Gordon) mit ihrer Patientin Lilly (Ingrid Torelli), die wohl von einem Dämon besessen ist. 

Eine TV-Show als Horror-Schauplatz zeigte uns unter anderem Jordan Peele 2022 in einer Szene von „Nope“. Eine seiner Figuren hat eine Vorgeschichte als TV-Star, die mit einem Affen aufgezeichnet wurde. Eines Tages jedoch reagiert das Tier unerwartet auf eine Schrecksituation und löst eine Tragödie vor laufenden Kameras aus. Während Peele hier mit dem Überraschungsmoment spielt, gehen die Regisseure Cameron und Colin Cairnes in „Late Night with the Devil“ einen anderen Weg: Sie lassen die Show ganz bewusst und zielstrebig auf das Chaos zulaufen.

Die Show fängt zwar gemächlich an, man lässt uns Zuschauer aber den Sensationsdruck von Delroy jederzeit spüren. Während wir zum einen in die Perspektive des TV-Zuschauers schlüpfen, der im VHS-Look die Sendung verfolgt, verlassen wir diesen Blickpunkt aber in den Werbepausen. Währenddessen erleben wir das, was der Normalzuschauer nicht zu sehen bekommen würde und lernen somit das Kalkül und auch die Angst der Beteiligten kennen. Sehr bewusst spielen die Macher übergreifend mit dem Motiv des Verkaufes der eigenen Seele, was in der Popkultur häufig Erwähnung findet. Stets unter dem Motto, wie weit man gehen sollte und ab wann ein Preis zu hoch ist.

 „Late Night with the Devil“ setzt einerseits auf die Inkarnation des Teufels im Menschen, entmystifiziert sie aber auch laufend. Mit Carmichael haben wir einen Charakter, der er es sich zur Aufgabe gemacht hat, Schwindler im Bereich des Übernatürlichen bloßzustellen. Er dient einerseits als unterhaltsame Figur, welche den spannenden Aufbau auflockert, uns Zuschauer aber auch mit unserer Wahrnehmung und dem Glauben an die übernatürlichen Dinge vorführt. 

Dem Regie-Duo ist durch diesen Aufbau ein wirklich unterhaltsamer Horrorfilm gelungen, der durchaus das Zeug zum Klassiker hat. David Dastmalchian verkörpert sehr glaubwürdig die unterschiedlichen Facetten eines Mannes, der vom Show-Business zehrt, aber auch darunter leidet und selbst seine verborgenen Laster mit sich trägt. Mehrere erzählerische Ansätze deutet man nur an und schafft es somit, den Film nicht zu überfrachten. Lediglich zum Ende hin verfällt man seiner eigenen Sensationslust und hätte die Sendung auch gerne eine Werbepause früher beendet. 

„Late Night with the Devil“ startet in Deutschland ab dem 6. Juni 2024 im Kino.

Nils Zehnder
80/100
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