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Ralph Fiennes in einer Szene aus Konklave im Portrain stehend.

Konklave – Kritik: Intrigen göttlichen Ausmaßes

Edward Berger gibt uns in „Konklave“ Einblicke in das Verborgene. Die Papstwahl erleben wir aus einer ungesehenen Perspektive, die das Bild einer gespaltenen Kirche zeichnet.

Der Papst ist tot. Die Kirche trauert – doch die Zeit der Besinnung dauert nicht lange. Schon eine kurze Zeit später werden sich die Kardinäle aus aller Welt auf den Weg in die Vatikanstadt machen. Keiner will die Bürde des Pontifex-Amtes auf sich nehmen, heißt es. In der Realität jedoch bleibt von diesen Worten wenig übrig.

Heruntergelassene Jalousien, Störsender, damit kein Ton, kein Signal der Außenwelt nach innen dringt oder andersherum. Die Wahl des neuen Papstes soll auch in der Moderne unter dem strengsten Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Während sich auf dem Petersplatz Tausende Christen versammeln, um die Wahl freudig zu begleiten, entbricht in der Sixtinischen Kapelle ein Krieg.

Im Mittelpunkt steht der von Ralph Fiennes gespielte Kardinal Lawrence. Er hat die schwierige Aufgabe, das Konklave anzuführen. Zum einen steckt er in einer Glaubenskrise, er hatte schon um seinen Rücktritt gebeten, doch dieser wurde ihm verwehrt. Zum anderen braucht es einen neutralen Wahlleiter, gleichzeitig steht er aber dem liberalen Lager nahe, was Konflikte bis zu seinen eigenen Ambitionen ins Spiel bringt.

Vor dem Zusammentreten des Konklaves gibt es Favoriten, deren Motive kaum unterschiedlicher sein könnten. Bellini (Stanley Tucci) strebt eine liberalere Kirche an und plädiert für Zugeständnisse in Bezug auf Homosexualität und die Rolle der Frauen. Tremblay (John Lithgow) hingegen sieht im Amt vor allem als Gelegenheit Macht auszuüben. Der Italiener Tedesco (Sergio Castellitto) steht für eine stark konservative Kirche, während der Afrikaner Adeyemi (Lucian Msamati), dem gute Chancen zugesprochen werden, durch seine schwierige Haltung zu Homosexuellen und Progressivität polarisiert. 

Kurz bevor die Kardinäle eingeschlossen werden, taucht noch ein weiterer auf, der bislang nicht auf der Liste stand. Benitez (Carlos Diehz) wurde vom verstorbenen Papst im Geheimen zum Kardinal von Kabul ernannt. Er startet als Außenseiter, doch gerät mit der Zeit durch seine demütige und liberale Haltung in den Fokus.

In gewisser Weise bleibt sich Edward Berger nach seinem Oscar-Sieger „Im Westen nichts Neues“ treu. In „Konklave“ verwandelt er das Zentrum des christlichen Glaubens in einen Ort des Krieges. Gekämpft wird mit sorgfältig gewählten Worten. Von der vordergründigen Altersdemut bleibt bei den meisten Kandidaten wenig übrig. Es wird intrigiert und selbst bei Lawrence, der eigentlich schon mit der Kirche abgeschlossen hatte, kann man sich nicht immer sicher sein, ob die Möglichkeit dieser Macht ihn nicht doch schwach machen könnte. Die Wahl des göttlichen Vertreters lässt die irdischen Verfehlungen – gerne auch mit einer Sprengkraft – ans Licht kommen.

Es ist eine gespaltene Kirche, die uns Edward Berger präsentiert. Die Spannung des Thrillers wird durch die kratzenden Streicher des Komponisten Volker Bertelmann untermalt. Besonders herausragend ist Ralph Fiennes in der Hauptrolle, dessen innerer Kampf in etlichen Nahaufnahmen eindrucksvoll zur Geltung kommt. Seine Figur und deren Zweifel rahmen die Handlung, symbolisch für die Zerrissenheit der Kirche. Mit langen, eindringlichen Einstellungen widmet sich Berger den Malereien und sakralen Symbolen und macht so nicht nur die erhabene Größe, sondern auch die erdrückende Macht der Institution greifbar. Irgendwo zwischen Tradition und Progression muss ein Weg in die Zukunft gefunden werden – vieles steht auf dem Spiel. Der Ausgang bleibt weiter ungewiss. Durch unseren Einblick in das Verborgene verlieren wir, genau wie die Kardinäle, den Blick für die Außenwelt. Die Macht scheint greifbar nah, doch die Gewissheit bleibt verborgen.

„Konklave“ läuft seit dem 21. November 2024 in den deutschen Kinos.

Nils Zehnder
90/100
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