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Der phönizische Meisterstreich – Kritik: Ästhetik-Overkill & Erzähldefizite

Björn und Liesel mit schockiertem Blick in einem Flugzeug stehend
© Universal Pictures

Wes Anderson ist mit “Der phönizische Meisterstreich” zurück auf der Leinwand. Seinen markanten Stil hat er kaum verändert und doch weiß er seine Stärken auszubauen.

Nach einem Kurzfilm-Ausflug zum Streamingdienst Netflix macht Wes Anderson wieder einen Spielfilm. “Der Phönizische Meisterstreich” muss dabei an den mindestens durchwachsenen “Asteroid City” anknüpfen und beweisen, dass sich die bewährte Wes Anderson-Formel noch nicht vollends abgenutzt hat.

Im Mittelpunkt steht Benicio del Toro als Zsa-zsa Korda. Er ist ein überaus erfolgreicher Geschäftsmann, dem schon mehrfach nach dem Leben getrachtet wurde. Um sein Lebenswerk zu sichern, setzt er nicht auf seine neun Söhne, sondern bestimmt die distanzierte Tochter Liesl (Mia Threapleton) als Alleinerbin. Ihr Wunsch, ins Kloster zu gehen, wird schnell fallengelassen, und sie bricht stattdessen mit ihrem Vater und dem Insekten-Professor Björn (Michael Cera) zu einer abenteuerlichen Reise durch das fiktive Phönizien auf, um ein Megaprojekt zu finanzieren und Mordanschlägen zu entkommen.

Ein zentrales Problem entsteht durch Andersons distanzierte Erzählweise: Liesls geplanter Glaubensweg wird ohne jede innere Reflexion fallengelassen. Nicht als eine logische Charakterentwicklung, sondern als ein dramaturgischer Kunstgriff. Anderson-typisch bleiben alle Figuren dadurch lediglich sympathische Archetypen. Nette und ästhetische Begegnungen, denen aber die emotionale Tiefe fehlt.

Wes Anderson hat sich kreativ festgefahren oder sein Markenzeichen gefunden, da scheiden sich die Geister. Seine von Pastellfarben und Symmetrie durchzogene Bildsprache ist aber in jedem Fall ikonisch. Trotz dessen, dass er schon seit vielen Jahren Kunst- und theaterähnliche Aufzüge ins Bewegtbild transferiert, schafft es Wes Anderson, doch aufs Neue zu überraschen. Simple Dinge, wie die perfekte Schattensetzung oder das einfache Herunterziehen einer Lampe in der Bildmitte erzeugen eine ungleiche Faszination. Gemeinsam mit dem französischen Kameramann Bruno Delbonnel (der schon atemberaubende Bilder in “The Tragedy of Macbeth” lieferte) scheint Anderson sein Szenenbild weiter zu perfektionieren.

Für den Cast hat Wes Anderson, wie könnte es anders sein, wieder mal die Crème de la Crème aus Hollywood versammeln können – selbst wenn sie dann nur in kleinen Rollen auftauchen wie Willem Dafoe. Benicio del Toros Zsa-zsa Korda ist eine herrliche Persiflage auf alle Pseudo-Wirtschaftsmagnaten, die heute Politik machen. Darüber hinaus kommt endlich zusammen, was zusammen kommen musste: Wes Anderson und Michael Cera. Er passt erwartungstreu perfekt in die abstruse Welt, wobei man nur hoffen kann, ihn auch in künftigen Anderson-Produktionen wiederzusehen.

“Der phönizische Meisterstreich” ist nicht nur beim Filmtitel schwer zu greifen. Anderson bleibt seiner Kamera treu, die außerhalb der Geschehnisse zu schweben scheint. Stilistisch macht das den Film sehr leichtgängig, es schafft aber eine erzählerische Kühle, die nur schwer von den Pastelltönen reingeholt werden kann. Wes Anderson setzt zu dem auf eine Unterteilung der Handlung in mehrere Kapitel. Jedes Kapitel fühlt sich wie ein Gang durchs Museum an. Eine perfekte Inszenierung, die aber so stark abgegrenzt ist, dass der Erzählfluss immer wieder ins Stocken gerät. Im Vergleich zu “Asteroid City” scheint er sich aber wieder der Relevanz einer starken Handlung bewusst zu sein und sich nicht alleinig auf opulente Szenerien zu beschränken. Wenn selbst die Credits vertikal scrollen, geht man gut unterhalten aus dem Kino, mit aber mindestens einem Fragezeichen darüber, was man gerade eigentlich gesehen hat.

Trailer zu “Der phönizische Meisterstreich”
Nils Zehnder
80/100
Total Score
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