Matthew Vaughn arbeitet sich mit „Argylle“ erneut am Spionagefilm ab. Trotz spaßiger Ansätze verliert er sich zwischen uninspirierten Aufgüssen und einer Verstrickung, die cleverer sein will, als sie am Ende ist.
Spionagefilme bieten eine mehr als solide Grundlage für Parodien. Hölzerne Dialoge, zweckhafte Figuren und abstruse Liebschaften schreien förmlich danach. Mit „Argylle“ wendet sich Matthew Vaughn diesem Comedy-Subgenre zu. Mit „Kingsman“ schuf er 2014 einen ebenso witzigen wie auch brutalen Agentenfilm. Ein Film, der beide Genres gleichermaßen gut abdeckt und dadurch einen Kultstatus innehat.
„Argylle“ startet hingegen weniger ernst zu nehmend. Die von Henry Cavill verkörperte Titelfigur sticht mit abgesägter Föhnfrisur direkt ins Auge. Er stellt all jene Schablonen dar, die wir von James Bond und Konsorten kennen. Das kommt nicht von ungefähr, denn wie sich nach der Eröffnungssequenz herausstellt, ist Argylle eine fiktive Figur der Autorin Elly Conway (Bryce Dallwas Howard). Zwischen Lesungen und dem Verfassen des sechsten Agentenromans passiert bei der Katzenliebhaberin recht wenig.
Auf einer Zugfahrt wird sie dann aber überraschend mit einem echten Agenten (Sam Rockwell) konfrontiert. Er passt so gar nicht in das stereotypische Bild ihrer Bücher. Zeit sich abzuwenden bleibt ihr allerdings nicht, denn Aidan bringt reale Gefahren mit sich. Er offenbart Elly, dass ihre Bücher eine Auswirkung auf die Realität haben und sie daher selbst zur Zielscheibe wurde.
In dieser Handlung liegt durchaus Potenzial, doch zu schnell wird alles festgefahren. Die Story folgt dem typischen Spionage-Muster und es wird vergessen, dass man selbst eigentlich lustig sein wollte. Es gibt die klassische Schnitzeljagd um einen Gegenstand (hier ein USB-Stick), der in einem Wettlauf mit der Gegenseite gefunden werden muss. Das bringt kaum erzählerische Tiefe, was man auch nur bedingt mit platten Witzen auszugleichen versucht. Stattdessen setzt man auf Twists – sehr viele Twists. So viele Wendungen, dass man sich nach der dritten nur noch das Ende herbeiwünscht.
Viele der Darsteller scheinen gänzlich auf Stand-by zu schauspielern. Samuel L. Jackson beispielsweise darf zwei Meter gehen, um die restlichen 5 Minuten Screentime nur noch am Schreibtisch zuzubringen. Die tatsächlichen Hauptdarsteller Howard und Rockwell sind stehts bemüht, viele Möglichkeiten bietet der Plot ihnen aber nicht.
Darüber hinaus war die Promo des Films für die Erwartungshaltung nicht gerade hilfreich. Während Henry Cavill sowohl im Trailer als auch auf dem Poster sehr prominent ist, ist er lediglich eine Nebenfigur, dessen Szenen wohl kaum länger als einen Drehtag beansprucht haben dürften. Am unterhaltsamsten sind noch die kunterbunten Effekt-Tricks, die wir in ähnlicher Abwandlung auch schon in „Kingsman“ gesehen haben. An Neuheiten wird sich nicht versucht.
Matthew Vaughn und sein Team scheinen ohnehin mehr Liebe und Detail in die PR gesteckt zu haben. Da wird parallel zum Kinostart ein gleichnamiges Buch der fiktiven Autorin veröffentlicht, was mysteriöser als die gesamten 139 Minuten im Kino ist. Weitere Filme sind direkt schon geplant, Verknüpfungen zu seinen Werken gibt es natürlich auch. Am Ende alles unter der Prämisse, nicht viel ärgern, es kommt ja noch was viel Besseres – zumindest vielleicht.